StudioLab Session

„Auf der einen Seite der A40, da gibt es Raserei.
Auf der anderen Seite zeigen sie auf uns, deshalb bleiben wir allein.“

(aus “Essen City”, Rap-Workshop im StudioLab)

Ausgangslage

Das Zitat aus dem Song „Essen City“, geschrieben von Schüler:innen des Helmholtz-Gymnasium Essen und der Essener Gesamtschule Bockmühle, zeigt eine bedrückende Realität auf. Die Jugendlichen erleben hautnah, wie die A40 eine physische Trennung und eine soziale Kluft zwischen Essens Norden und Süden repräsentiert. Diese gefühlte Realität lässt sich mit einem Blick auf die Stadtteile, in denen beide Schulen sich befinden, auch mit Zahlen belegen. Während 36,7% der Bewohner Altendorfs existenzsichernde Leistungen beziehen [1], sind es in Rüttenscheid lediglich 5,8% [2]. Die Auswirkung der unterschiedlichen sozialen Bedingungen hat einen starken Einfluss auf die Bildungsbiografien der Kinder und Jugendlichen. Familien in prekären Lebenssituationen können ihren Kindern erfahrungsgemäß weniger inspirierende Erfahrungsräume bieten als Familien in privilegierteren Stadtteilen. 

Das StudioLab – ein neuer MakerSpace am Helmholtz-Gymnasium

Solch ein inspirierender Lern- und Erfahrungsraum ist das StudioLab. Am Rüttenscheider Helmholtz-Gymnasium entstand 2022 auf Initiative von Schüler:innen und dem Lehrer Pascal Schrempp die Idee für ein Ton- und Videostudio als MakerSpace, also als offen zugängliche, moderne Do‑it‑yourself‑Werkstatt, in der mit Hilfe von digitalen Tools und analogen Instrumenten individuelle Produktionen entstehen können. Im StudioLab sollten Kinder und Jugendliche früh und nachhaltig für das Musizieren und insbesondere für die digitale Musik- und Videoproduktion begeistert werden. Nach langer Planung und mit Hilfe von Spenden und dem tatkräftigen Einsatz von Schüler:innen, Lehrkräften, den Hausmeistern der Schule sowie durch private Leihgaben konnte der Raum attraktiv gestaltet und Equipment nach und nach angeschafft werden. Das StudioLab ist heute ein Tonstudio, ein Videoschnittplatz, ein Musik- und Computerraum, der einen Zugang zu unterschiedlicher Hard- und Software, Instrumenten sowie mittlerweile Kontakt zu professionellen Musikern und Musikpädagogen bietet. Hier finden nun regelmäßig fächerübergreifende Unterrichtsprojekte wie Podcast- und Video-produktionen, Arbeitsgemeinschaften wie die Schülerzeitschrift und Instrumentalunterricht statt.

Die Projektidee


Die StudioLab Session als integratives und inklusives Projekt


Gemäß dem ursprünglichen Konzept ist ein MakerSpace ein Raum, der Zugang zu Technik und Know-How auch dort ermöglicht, wo dies aus Gründen von Bildung, Wohlstand oder Region eher schwierig ist [3]. In diesem Sinne sollten bereits kurz nach Eröffnung des StudioLabs im Sommer 2022 mit der StudioLab Session die Studiotüren erstmals für Schüler:innen anderer Essener Schulen geöffnet werden. Die Motivation für diesen Schritt war, dass ein solch wertvoller Raum nicht nur den Schüler:innen des Rüttenscheider Gymnasiums, sondern auch anderen Jugendlichen der Stadt Essen und insbesondere Kindern und Jugendlichen in prekären Lebenssituationen zur Verfügung stehen sollte. Das StudioLab sollte sich mit der StudioLab Session zu einem integrativen und inklusiven Projekt entwickeln, das allen Jugendlichen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft und ihren individuellen Beeinträchtigungen und Benachteiligungen Raum bietet, ihre kreativen Talente zu entfalten und in einen kokreativen Prozess mit Musiker:innen oder anderen Jugendlichen zu treten. Die kreative Arbeit an einem gemeinsamen Projekt sollte dabei die Möglichkeit bieten, Vorurteile abzubauen und echte Begegnungen auf Augenhöhe zu schaffen. Auf dieser Folie ist die erste Kooperation zwischen dem Helmholtz-Gymnasium und der Gesamtschule Bockmühle aus dem Stadtteil Altendorf entstanden.
In Zusammenarbeit mit dem Schauspieler und Musiker Simon Schwan wurden Schüler:innen der Gesamtschule Bockmühle und des Helmholtz-Gymnasiums ins StudioLab eingeladen, um gemeinsam einen Rap Song über ihre Heimatstadt Essen zu produzieren. Das Ergebnis des Pilotprojektes, aus dem zu Beginn dieses Textes zitiert ist und das auf dem YouTube-Kanal des StudioLabs (Siehe Relevante Links) veröffentlicht ist, hat alle Beteiligten beeindruckt. Die Gemeinsamkeiten in Wünschen, Ängsten und Bedürfnissen, die sich in den eigenen Texten der Jugendlichen offenbarten, waren vor dem Hintergrund der so unterschiedlichen Lebensumstände für alle überraschend. Es wurde schnell klar, welche integrative Kraft ein solches Projekt entfalten kann und wie nachhaltig die Begegnungen durch das gemeinsame Produkt wirkten.
Im Anschluss an das Rap-Projekt konnte in Kooperation mit der Gesamtschule ein weiteres Projekt mit dem Musiker und Mitglied der Essener Band Banda Senderos Jacek Brzozowski geplant und durchgeführt werden. Auch hier nehmen zur Zeit Schüler:innen beider Schulen mit und ohne Behinderung teil.


[1] https://media.essen.de/media/wwwessende/aemter/12/ein_blick_auf_stadtteile/Altendorf_07.pdf.
[2] https://media.essen.de/media/wwwessende/aemter/12/ein_blick_auf_stadtteile/Ruettenscheid_10.pdf.
[3] Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/FabLab.