Bequem hatten sie es an diesem Donnerstagvormittag (28.04.2022) nicht, die Kandidierenden aus zwei Essener Landtagswahlkreisen. Über eine Stunde mussten sich Cornelia Swillus-Knöchel (Die Linke), Julia Kahle-Hausmann (SPD), Inga Marie Sponheuer (Grüne), Fabian Schrumpf (CDU), Detlef Heinrich (FDP) und Stefanie Brecklinghaus (AfD) an Stehpulten drapiert den Fragen der Schüler:innen stellen. Alle im Landtag vertretenen Parteien und Die Linke sind der Einladung des Leistungskurses Sozialwissenschaften der Stufe Q1 gefolgt, in drei zentralen Themenblöcken Position zu beziehen.
Bequem hatten es auch auch die Schüler:innen des SoWi-Leistungskurses nicht: Denn die Schüler:innen des Helmholtz-Gymnasiums und des Maria-Wächtler-Gymnasiums bereiteten die gesamte Diskussion vor und moderierten sie auch eigenständig. Vor über 230 Schüler:innen aus den Stufen EF und Q1 des Helmholtz-Gymnasiums führten sie in der Aula durch das Programm. Im Mittelpunkt stand die Diskussion der Themen innere Sicherheit, Bildung sowie Umwelt und Mobilität. Dabei mussten acht inhaltlich durchaus kontroverse Fragen beantwortet werden. Besonders umstritten waren die Fragen zum politischen Extremismus und zu den Gefährdungen der Demokratie in NRW. Julia Kahle-Hausmann (SPD) warnte in diesem Zusammenhang vor einer Gleichsetzung von Rechts- und Linksextremismus („Hufeisentheorie“), die rechtsextreme Gefahr verharmlose. Wie wichtig das Vertrauen in Polizeikräfte sei, betonte Inga Marie Sponheuer (Grüne) in diesem Themenfeld. An dieser Stelle kritisierte Fabian Schrumpf (CDU) vor allem die Äußerungen der AfD-Kandidatin Brecklinghaus als zu wenig differenziert, insbesondere vor dem Hintergrund der eigenen Parteienfinanzierung.
Scharfe Kritik musste sich auch die schwarz-gelbe Landesregierung gefallen lassen, die 2007 selbst das Abitur nach acht Jahren einführte und sich nun damit brüste, dieses wieder rückgängig gemacht zu haben. Deutliche Unterschiede wurden in diesem Themenbereich zur Linkspartei deutlich, als Cornelia Swillus-Knöchel sich für absolute Lernmittelfreiheit sowie eine inklusive Schule für alle aussprach. Dem entgegen plädierte Detlef Heinrich (FDP) für das mehrgliedrige Schulsystem und betonte den wertvollen Beitrag der Förderschulen.
Im Anschluss sollten die Kandidierenden in zwei Pausenformaten beweisen, wie sehr sie die Wähler:innen von morgen kennen und mussten Schätzfragen z.B. zum politischen Engagement von Jugendlichen beantworten. Im zweiten Pausenformat ging ein Fragenhagel auf die Kandidierenden nieder, mit welchem die wirklich wichtigen Fragen wie „Autofreie Sonntage oder Sonntage mit Auto?“, „Fridays for future oder in der Schule bleiben?“ sowie „Wählen ab 16 oder 18?“ beantwortet werden sollten.
In der abschließenden Fragerunde durfte zudem das Publikum Fragen zu beliebigen Themen stellen, die innerhalb von einer Minute beantwortet werden mussten. Hierbei warfen die Fragestellenden der AfD ein islamfeindliches Wahlprogramm vor und kritisierten die einseitige Verurteilung von Linksextremismus, wodurch die größte Gefahr, der Rechtsextremismus, in Kauf genommen werde. An dieser Stelle zeigten sich ein kritisches Bewusstsein und eine sachlich intensive Auseinandersetzung der Schülerschaft mit den Wahlprogrammen. Selbstverständlich durfte auch die Frage nach der Legalisierung von Cannabis an diesem Vormittag nicht fehlen, ist sie doch ein „Dauerbrenner“ unter den Jugendlichen.
Am Ende war es vielleicht keine bequeme, dafür aber eine erkenntnisreiche Veranstaltung für alle. Besonderer Dank gilt allen Beteiligten, insbesondere den Schüler:innen des SoWi- Leistungskurses, der Technikcrew, den Kolleg:innen für die Unterstützung, dem Förderverein und natürlich den Gästen. Das Applausometer zeigte am Ende einen Vorsprung für Herrn Schrumpf und die CDU. Ob dies am 15. Mai auch so kommt, wird sich zeigen.
SoWi-Lk der Q1 mit Johanna Wolf, Annika Heek und Michael Fichtner